Eines der interessantesten Geheimnisse der Musikgeschichte ist die Frage nach der Autorenschaft und der Entstehungsgeschichte des Stücks, welches unter dem Namen "Ungarische Zigeunerweisen" von Sophie Menter bekannt geworden ist.
Dass die Orchestrierung von Peter Tschaikowsky stammt, ist unbestritten, doch wenn man Sophie Menter, die zweifellos eine berühmte Pianistin und eine der schillerndsten Figuren der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war, keinen plötzlichen, ungeahnten Ausbruch des schöpferischen Geistes zusprechen möchte, kann sich der von Tschaikowsky durchgeführte Arbeitsanteil unmöglich auf die bloße Instrumentierung begrenzen. Allzu deutlich hört man doch in den lyrischen Episoden die typischen musikalischen Merkmale dieses Kenners und Beherrschers der menschlichen Seele. Und das ist nicht alles: Höchstwahrscheinlich basiert diese Komposition auf dem "Sophie-Menter-Konzert", das Franz Liszt im Sommer 1885 für seine Lieblingsschülerin und Kollegin schrieb. Gearbeitet hat er daran u.a. auf Schloß Itter in Tirol, welches zu dieser Zeit Sophie Menter gehörte.
Wie dem auch sei, trotz dieses interessanten musikwissenschaftlichen Rätsels ist das Werk bislang weithin unbekannt und wird nur sehr selten aufgeführt. Das ist mir, Lev Vinocour, umso unverständlicher, als dieses Stück in meinen Konzerten großen Anklang beim Publikum gefunden hat.